18.6.2015 Pressekonferenz-Tag der Mediation
Vom 16. bis 18. Juni 2013 fand in Wien ein Treffen der großen deutschsprachigen Mediationsverbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz statt. Von den acht anwesenden Mediationsverbänden wurde die "Wiener Erklärung" unterzeichnet und beschlossen, den 18. Juni zum "Tag der Mediation" zu erklären.
Oft bringt selbst ein Prozessende nicht die ersehnte „Befriedigung“. Insbesondere bei Familien- und Nachbarschaftsstreitigkeiten, daher bei Verfahren bei welchen sich die Parteien auch nach dem Gerichtsverfahren immer wieder begegnen (müssen), kommt es immer wieder zu neuen zermürbenden Prozessgängen.
Es zeigt sich ein Trend in Richtung alternativer selbstbestimmter Lösungsmodelle. Die Justiz setzt sich mit diesem Bedürfnis auseinander und laufen derzeit Pilotprojekte der gerichtlichen Streitbeilegung.
Auch in Gerichtssendungen wird in letzter Zeit verstärkt über (erfolgreich) durchgeführte Mediationen berichtet.
Im Familienrecht wurden mittlerweile eine Vielzahl von Maßnahmen ( u.a. Erziehungsberatung, Kinderbeistand, verpflichtende Mediation betreffend Kinderangelegenheiten) entwickelt welche die Parteien in ihrer Lösungskompetenz unterstützen sollen. Was ist nun wirklich dran an den alternativen Lösungsmodellen? Was bringen Sie und woran bzw. wann scheitern sie.
Rechtsanwältin Mag. Katharina Braun moderierte an diesem Tag im Cafe Museum eine Podiumsdiskussion mit Experten aus den Bereichen Recht, Psychologie und Sozialarbeit.
http://www.tagdermediation.at/
Die Pressekonferenz wurde organisiert von Rechtsanwältin Braun.
Bei Fragen zu der Pressekonferenz wenden Sie sich bitte an Rechtsanwältin Braun
office@rechtsanwaeltin-braun.at
Medien über die Pressekonferenz:
Kurier- Pressekonferenz Mediation
Allgemeine Information zur Mediation
1. Situation der Mediation in Österreich
• Laut der EU Studie Neustart der Mediationsrichtlinie werden in Österreich jährlich zwischen 500 und 2000 Mediationen durchgeführt.
Im Juni 2015 (Stand 10. Juni 2015, Information Bundesministerium für Justiz) waren 2.411 Mediatoren ( hiervon 1.473 Frauen) in der vom Bundesministerium für Justiz geführten Liste angeführt. Eine Mediation dauert im Schnitt 7,5 Stunden.
In folgenden Rechtsgebieten muss in Österreich zwingend eine Mediation durchgeführt werden:
• In Österreich hat gemäß § 95 1a Außerstreitgesetz bei einer einvernehmlichen Scheidung verpflichtend seit Februar 2013 eine Elternberatung stattzufinden.
• Weiters muss ( geregelt ist dies im Zivilrechts- Änderungsgesetz 2004)
zwingend im Nachbarschaftsbereich bei Schattenwurf vor einem Gerichtsverfahren eine gütliche Einigung versucht werden.
Ein Nachbar hat daher vor Einbringung einer Klage im Zusammenhang mit dem Entzug von Licht oder Luft durch fremde Bäume oder Pflanzen
∗ entweder eine Schlichtungsstelle zu befassen,
∗ oder einen Antrag beim Bezirksgericht zu stellen, den Gegner zu einemgerichtlichen Vergleich zu laden,
∗ oder den Streit einem Mediator zu unterbreiten, sofern der Eigentümer der Bäume oder Pflanzen damit einverstanden ist.
Sofern nichts anderes vereinbart, hat die Kosten zunächst der Nachbar zu tragen, der die gütliche Einigung angestrebt hat.
• Mit dem sog. Behindertengleichstellungspaket wurde per 1. Jänner 2006 u.a. auch der Diskriminierungsschutz in weiten Teilen des täglichen Lebens für Menschen mit Behinderungen gesetzlich verankert. Wird das Diskriminierungsverbot verletzt, können gerichtlich Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, allerdings ist vorher verpflichtend ein Schlichtungsversuch durchzuführen, in dessen Rahmen auch Mediation als alternative Konfliktregelung anzubieten ist (§ 15). Die Kosten für das Verfahren, also auch einer Mediation, trägt der Bund nach Maßgabe einer diesbezüglichen Richtlinie, abzurufen beim Bundessozialamt.
• Seit 1. Juli 2008 ist eine Änderung des Berufsausbildungsgesetzes in Kraft, mit der der Gesetzgeber eine außerordentliche Auflösung von Lehrverhältnissen zum Ende des ersten und zweiten Lehrjahres ermöglicht, allerdings nur, wenn davor ein Mediationsverfahren mit einem eingetragenen Mediator stattgefunden hat.
• Die Mediation im Strafrecht ist in Form des Tatausgleichs verankert, mit Bestimmungen vor allem in den §§ 198 – 209b der Strafprozessordnung, sowie in den §§ 29, 29a und 29b des Bewährungshilfegesetzes.
Geförderte Mediation
• Pro Jahr werden durchschnittlich 400 Mediationen gefördert
• Die Dauer einer Mediation beträgt durchschnittlich 7,5 Stunden
• Durchschnittlich € 230,- pro Mediation haben die Medianden an Selbstbehalten finanziert
• Durchschnittlich € 1.000,- pro Mediation werden über die Förderung abgegolten
Themen der Mediation:
• Obsorge
• Besuchsrecht
• Unterhalt
• Aufteilung
Statistik Mediation:
• Alter der Frau: durchschnittlich 38 Jahre
• Alter des Mannes: durchschnittlich 41 Jahre
• Durchschnittlich 2 Kinder
• Durchschnittliche Dauer der Ehe/Lebensgemeinschaft 10 Jahre
CL – Collaborative Law
Die Mediation bzw. die außergerichtliche Streitbeilegung erfährt in der Praxis immer wieder Variationen. So ist manchen Parteien ein lediglich vermittelnd agierender Mediator zu wenig und wünschen sich diese im Zuge einer außergerichtlichen Streitbeilegung, einen parteilichen Berater an ihrer Seite. Abhilfe kann hier möglicherweise das so genannte „Collabroative Law/kooperatives Anwaltsverhandeln (kurz CL)“ bieten, welches auch seit ein paar Jahren in Österreich zur Anwendung gelangt. Dieses Modell hat seinen Ursprung in den USA und wurde von Stuart Webb einem Rechtsanwalt aus San Diego, USA, ausgearbeitet. In diesem Verfahren begleiten, beraten und unterstützen, ausgebildete AnwältInnen, Kinder und Finanzcoaches mit ihrem Fachwissen den Trennungsvorgang. Im Fall eines Abbruchs des „CL“ Verfahrens bzw. wenn dieses nicht mit Erfolg zu Ende gebracht werden kann müssen in einem etwaigen Gerichtsverfahren andere, also nicht die im „Cl“ verfahren beratend beigestellten Anwälte, hinzugezogen werden. Nähere Informationen hierzu unter
www.collaborativelaw.eu
Die „AVM“ (amtliche Vereinigung für Mediation und kooperatives verhandeln) bietet hierzu eine Ausbildung an.
Näheres unter www.avm-mediation.at
2. Aktuelle Situation der Mediation in Europa
In mehreren EU-Ländern existieren gesetzliche Regelungen lediglich über Teilaspekte der Mediation (ZB die Ausbildung von Mediatoren oder über die Zulässigkeit der Berufs Bezeichnung Mediator). In Österreich, Spanien, Ungarn gibt es umfassende nationale gesetzliche Grundlagen in Form von Mediationsgesetzen.
Als Hauptmotive für die Wahl eines Mediationsverfahrens zur Konfliktlösung werden europaweit Ersparnis von Geld und Zeit sowie die Möglichkeit für die Parteien, eine individuell interessengerechte Lösung -jenseits der jeweiligen rechtlichen Regelungen- selbst zu bestimmen und auch selbst zu erarbeiten, angeführt. Selbst in Ländern mit intensiver Schiedsgerichtsbarkeitstradition findet das Instrument der Mediation starke Akzeptanz. Grund für den starken Zustrom zur Mediation in England könnte neben Kostenersparnis auch jener sein, dass die Parteien nur im Rahmen einer Mediation die Möglichkeit haben ihr Anliegen persönlich vorzutragen. Im Zivilverfahren sitzen die Parteien in England hinter ihren Anwälten und deren Assistenten in der dritten Reihe und haben faktisch in aller Regel keine Möglichkeit sich selbst zu Wort zu melden.
Gemeinsame Faktoren der Mediation in der EU sind, dass der Mediator zur Neutralität verpflichtet ist, besonderes Vertrauen genießt und keine Entscheidungskompetenz haben darf. Einige Länder ( so wie zB Spanien) kennen auch zeitliche Grenzen für den Abschluss einer Mediation. So muss in Spanien eine Mediation in 3 Monaten beendet sein, eine einmalige Verlängerung auf insgesamt 6 Monate ist möglich. In Kroatien werden Verfahrenshandlungen bei Durchführung einer Mediation um bis zu 60 Tage ausgesetzt ( sistiert). Kommt es innerhalb dieser Zeit zu keiner Einigung, so wird mit dem Verfahren fortgesetzt. Ein neuerlicher Verfahrensaufschub zum Zweck eines weiteren Mediationsverfahrens kann nur auf der Grundlage eines gemeinsamen Antrags aller Vertragsparteien erreicht werden. In England gibt es die Besonderheit, dass sich der Mediator vor einem gemeinsamen Treffen der Parteien zunächst mit jeder Seite alleine trifft. Dies ist im Übrigen auch in den USA -die übliche Form der Mediation – sogenannte „Shuttle“ Mediation, in Europa auch als“ Pendelmediation“ bekannt. Der Ausdruck „shuttle“ rührt eben daher, dass der Mediator zwischen den zerstrittenen Parteien hin,-und herreißt.
In den meisten Ländern Europas beruht die Mediation auf Freiwilligkeit. Ausnahmen ( und dies beschränkt auf einzelne Rechtsgebiete oder/und einen Versuch einer Mediation) besteht zum Beispiel in Österreich wo in Pflegschaftssachen der Richter Mediation auftragen kann ( § 107 Außerstreitgesetz) oder auch in Nachbarschaftsstreitigkeiten bei Entziehung von Luft oder Licht. Auch in Italien besteht – wenn auch eingeschränkt – Mediationspflicht. So können in Italien die Streitparteien auf Anordnung des Richters zu einem Mediationsversuch verpflichtet werden und erst wenn dieser scheitert kann der Weg über das Gericht eingeschlagen werden. Zudem besteht in Italien allgemein die Pflicht mit einem Mediator ein Vor-; bzw. ein Informationsgespräch zu führen, in welchem der Mediator über die Vorteile aufzuklären hat. Ebenso kann in Polen der Richter eine Mediation anordnen, den Parteien bleibt es jedoch unbenommen, sich innerhalb einer Woche gegen diese gerichtliche Verfügung auszusprechen („opting out“). In Norwegen sieht das Gesetz bei Scheidungen mit gemeinsamen Kindern unter 16 Jahren eine Mediation vor.
Überwiegend wird in Europa die Mediation derzeit ausschließlich bzw. überwiegend außergerichtlich angeboten.
Gerichtsinterne Mediation wird in etwa in Slowenien, Litauen, Großbritannien, Norwegen und Deutschland angeboten. In England besteht die Besonderheit dass etwa 2/3 der Mediationen per Telefon durchgeführt werden, ohne dass die Parteien anreisen müssen.
In Deutschland gibt es auch das Modell einer gerichtsübergreifenden Mediation, bei welchem Gerichte in der Weise zusammenarbeiten, das Verfahren eines Gerichts von einem Mediator an einem anderen Gericht mediiert werden, dies um sicherzustellen, dass Richter und Mediator nicht personenidentisch sind. Praxiserfahrungen haben gezeigt, dass die Mediationsbereitschaft der Parteien während eines laufenden Rechtsstreits besonders hoch ist.
Das häufigste Anwendungsgebiet der Mediation ist nach wie vor das Familienrecht.
EU Studie ( Titel der Studie „ Rebooting the mediation directive: assessing the limited impact of ist implementation and proposing measures to increase the number of mediations in the EU“ 2014 EU Studie) „ Neustart der Mediationsrichtlinie“.
In dieser Studie wurde die Umsetzung der Mediation einer europaweiten Studie unterzogen. Die europäischen Länder mit der höchsten Mediationsrate ( mehr als 10.000 Mediationsverfahren jährlich) sind Deutschland, Italien, Niederlande und Großbritannien. Festzuhalten ist aber allgemein, dass es europaweit kaum Statistiken die Mediation betreffend gibt.
Die Studienautoren schlagen zur Erhöhung der Mediationsquote zwei Möglichkeiten vor: verpflichtender Einsatz von Mediation in ausgewählten Rechtsfällen oder eine definierte Quote von Mediations- und Gerichtsverfahren. Fakt ist; trotz aller Vorteile die eine Mediation aufzuweisen vermag, werden derzeit europaweit nur 1 % aller Zivilrechtsrechtsstreitigkeiten über Mediation gelöst.
3. Rechtsnormen auf nationaler und europäischer Ebene
1998 empfahl ein Entwurf des Europarates über Familienmediation aus den Mitgliedsstaaten, dieselbe einzuführen und zu unterstützen.
Österreich entsprach dieser Empfehlung nach einem erfolgreichen „Modellprojekt“ 1995 im Rahmen des Familien-Lasten-Ausgleichsfonds
(FLAG), prompt mit dem EheRÄG 1999. Bereits 1998 wurde EU-weit der erste akademisch zertifizierte Master-Universitätslehrgang zum Thema “Mediation und Konfliktmanagement”, basierend auf ministerieller Verordnung eingerichtet.
Es folgten in den europäischen Rechtsordnungen Leitbestimmungen und Empfehlungen zur Mediation unter der Bezeichnung „ADR“ (Alternative Dispute Resolution) in Art. 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren), Empfehlungen Nr. R (98) 1 des Europarates vom 21.1.1998, 98/257/EG vom 30.3.1998 und 2001/310/EG vom 4.4.2001. Am 19.4.2002 hat die Kommission ein „Grünbuch“ über alternative Verfahren in Zivil- und Handelssachen vorgelegt.
Von 2003 bis 2004 wurden ein „Verhaltenscodex“ (code of conduct) sowie ein „Richtlinienvorschlag“ seitens der EU-Kommission für EU-MediatorInnen erarbeitet.
Die Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 „über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen“ reguliert Mediation in diesen Rechtsbereichen bei „grenzüberschreitenden Streitigkeiten“.
Im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren (UVP-
Verfahren), BGBL I Nr. 89/2000 ist Mediation ausdrücklich in den §§ 16 und 24a UVP-G 2000 vorgesehen ( zeigen sich im Zuge des Genehmigungsverfahrens große Interessenskonflikte kann die Behörde das Verfahren auf Antrag des Projektwerbers zur Einschaltung eines Mediationsverfahrens unterbrechen).
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