Wutbauer Christian Bachler über Missstände im System: Förderung von Masse auf Kosten von Mensch und Tier
Der steirische Bergbauernhof von Christian Bachler stand vor der Versteigerung durch die Bank.
Mithilfe von Crowd Funding konnte diese abgewendet werden. Bachler geht nun den Weg der Direktvermarktung. Er wollte nicht mehr länger der Gefängniswärter seiner Tiere sein.
Im Gespräch mit Florian Rudig im „ Hinterzimmer“ berichtet Bachler über den Teufelskreis der steuerlichen Subvention des Bauernstands und der damit für die Bauern einhergehenden Verschuldung.
https://www.hinterzimmer.tv/podcast/christian-bachler-es-brennt-die-zuendschnur-packen-wirs-an-059/
Viele Bauern sehen sich zur Begleichung ihrer Schulden gezwungen Baugrund zu veräußern. Denn das System fordert Masse, Größe und so enorme Investitionen in den Hof, um diese bewältigen zu können. Gefördert werden Menge, Fläche, nicht die Arbeitskraft. Bachler schildert, dass vor dem EU Beitritt der Milchliterpreis höher war als jetzt. Den Bauern wurde gesagt, dass ihnen die Differenz durch Ausgleichszahlungen kompensiert würde. Tatsächlich kommen 80 Prozent der EU Direktzahlungen den größten 20 Prozent der Betriebe zugute. Je größer der Betrieb, desto mehr Förderung erhält er. Die Nutznießer der Förderung sind dabei jedoch oft nicht die Landwirte. Denn, so die Heinrich- Böll- Stiftung: „Landbesitzer können einen Gutteil der Subventionen selbst einstreichen indem sie einfach die Pacht erhöhen.
Mit der Massenproduktion geht Tier und Menschenleid einher.
Viele Landwirte geben auf. Am Tag sind es in Österreich an die 7 Bauern die ihren Betrieb einstellen.
Direktvermarktung ist für die Bauern mit vielen Hürden verbunden.
Die Bauern befinden sich in extrem hoher existentieller Abhängigkeit von den Subventionen, welche ungefähr 55 Prozent ihres Einkommens ausmachen. Bachler sagt in sehr guten Jahren schaffte er mit seinem Hof gerade mal ein schwarze Null. Denn mit dem Einkommen müssen natürlich auch die Kredite bedient werden, welche für die Investitionen in den Hof aufgenommen werden mussten. Ein Bauer, so Bachler, sei wie ein Junkie auf die Subvention angewiesen, jedoch sei der Preis für die Droge im steten Anstieg. Bachler spricht vom enormen Druck der Bauern und traurigen grausamen Absurditäten des Systems.
So würden Tiere mit Kraftfutter aus Brasilien gefüttert. Dies damit diese schnell ihre „Kennform“ erhalten. Tiere würden in Rekordzeit nach einem genauen Fütterungsplan ein Gewicht erhalten, mit welchem sie sich nicht mehr bewegen könnten und binnen ein paar Monaten automatisch qualvoll sterben würden. Hybridschweine, wären von der Zucht her so, dass sie am Tag vier mal so viel Gewicht zulegen würden wie ein normales Schwein. Diese Schweine hätten keine Pigmentierung, denn diese würde der Konsument bei seinem Schweinefleisch auf dem Teller nicht wollen. Die Schweine sind an der freien Luft nicht überlebensfähig, würden sie doch sofort mangels Pigmentierung einen Sonnenbrand und so furchtbare Sonnenblasen erhalten. Es würde entgegen der Natur Schweinefleisch ohne Fett, und anderseits Rind mit Fettschicht erzeugt werden. Dies obwohl es von der Natur aus genau umgekehrt vorgesehen wäre. Die Tiere seien voll mit Wachstumshormonen, welche letztlich der Konsument über die Ernährung auf nimmt. Darüber auch nur zu sprechen sei ein verpöntes Tabuthema.
Während einerseits Österreich seine Produkte exportiert, welche im Ausland dann günstiger als die dortige Ware angeboten würden ( dies einhergehend mit der Zerstörung der dortigen Wirtschaft), würden anderseits Produkte importiert werden. Dies obwohl insbesondere bei Milch und Schwein, aber auch bei Rind in Österreich die Selbstversorgung über erreicht sei.
So lag bei Milch der Selbstversorgungsgrad in Österreich im Jahr 2019 bei 170 Prozent. Im selben Jahr wurden Milch und Milchprodukte im Wert von rund 1,3 Milliarden exportiert.
Während die privaten Ausgaben für Lebensmittel sinken, steigen in etwa die Ausgaben für Wohnung. Die Privatausgaben für Lebensmittel betrugen im Jahr 2019 in Österreich 9,7 Prozent.
Im Gegenzug dazu steigen die Kosten für das Wohnen. In etwa ein Drittel des durchschnittlichen Privatbudget wird fürs Wohnen ausgegeben.
Ein Drittel der Lebensmittel, welche zum Teil noch zum Verzehr geeignet wären, landet im Mist. Alleine die Lebensmittel, welche nur in Europa und Nordamerika weggeworden werden, würden ausreichen, um die Hungernden der Welt dreimal zu ernähren. In Österreich werden jährlich 760.000 Tonnen Lebensmittel im Müll entsorgt- dabei sind die Abfälle aus der Landwirtschaft, der Lebensmittelproduktion und des Großhandels noch gar nicht miteinberechnet.
https://www.nhm-wien.ac.at/ablaufdatum/blog
Obwohl Covid 19 und Klimakrise aufgezeigt haben wie wichtig sowohl Regionalität als auch Konsumreduktion sind, ist ein tatsächliches Gegensteuern noch nicht bemerkbar. Es kann nicht sein, dass Fleisch weniger als ein Salat kostet. Es muss auch nicht immer alles verfügbar sein. So stellt Bachler auch die rhetorische Frage: „ Ist es wirklich ein Verzicht im November in Erdbeeren zu beißen, die den Geschmack eines Schneeballs haben?“
Weg vom Denken in Quartalszahlen, in Legislaturperioden hin zu dem was wirklich für Menschen, Tiere und Umwelt wichtig ist. Am Beispiel Bachler zeigt sich, dass soziale Medien auch sinnvoll genutzt werden können um auf Probleme aufmerksam zu machen und neue Lösungen wie crowd funding sehr sinnvoll sein können.
Kuh, copyright Angelika Braun
Florian Klenk, Chefredakteur vom Falter, verbrachte ein „Praktikum“ auf dem Bergbauernhof des Bergbauern Bachler.
https://twitter.com/falter_at/status/1176515212582772743?lang=de
Ein sehr intelligentes Interview von Christian Bachler bei Hinterzimmer.
https://www.hinterzimmer.tv/podcast/christian-bachler-es-brennt-die-zuendschnur-packen-wirs-an-059/
Wut ( richtig Mut:-) Bauer Christian Bachler
http://www.wutbauer.at/author/klenk/http://www.wutbauer.at/author/klenk/