Rechtsanwältin Mag. Katharina Braun
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Covid 19 allgemeines Betretungsverbot von öffentlichen Orten war gesetzwidrig – Strafen, was nun?

Der Verfassungsgerichtshof erkannte nun ( V 363/2020 vom 14. Juli 2020), dass dem allgemeinen Betretungsverbot von öffentlichen Plätzen die gesetzliche Grundlage fehlte.

So findet sich folgender Passus in dem Verfassungsgerichtshof Erkenntnis:

Der Verordnungsgeber kann dabei die Orte, deren Betreten er zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 untersagt, konkret oder abstrakt umschreiben, er kann für Außenstehende auch, wie die Erläuterungen deutlich machen, das Betreten regional begrenzter Gebiete wie Ortsgebiete oder Gemeinden untersagen; es ist ihm aber verwehrt, durch ein allgemein gehaltenes Betretungsverbot des öffentlichen Raumes außerhalb der eigenen Wohnung (im weiten Sinn des Art. 8 EMRK) ein – wenn auch entsprechend der räumlichen Ausdehnung der Verordnung gemäß § 2 Z 2 oder 3 COVID‑19-Maßnahmen­gesetz regional begrenztes – Ausgangsverbot schlechthin anzuordnen. Damit ist die gesetzliche Ermächtigung des § 2 COVID‑19-Maßnahmengesetz dahingehend begrenzt, dass das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden darf, nicht aber, dass Menschen auf Grundlage des § 2 COVID‑19-Maßnahmengesetz dazu verhalten werden können, an einem bestimmten Ort, insbesondere auch in ihrer Wohnung, zu verbleiben.“ 

Und weiter: 

„Zwar hat der Verordnungsgeber in § 2 COVID‑19-Maßnahmenverordnung‑98 einzelne Ausnahmen von diesem allgemeinen Betretungsverbot vorgesehen. Diese, insbesondere auch die zwar nicht auf einen bestimmten Zweck abstellende, aber dennoch auf bestimmte Konstellationen begrenzte Ausnahme des § 2 Z 5 COVID‑19-Maßnahmen­verordnung‑98, ändern nichts daran, dass § 1 der Verordnung ein allgemeines Betretungsverbot öffentlicher Orte vorsieht und damit – entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 2 COVID‑19-Maßnahmengesetz – nicht das Betreten bestimmter, eingeschränkter Orte untersagt, sondern durch ein Betretungsverbot für alle öffentlichen Orte der Sache nach als Grundsatz von einem allgemeinen Ausgangsverbot ausgeht. Wenn § 2 COVID-19-Maßnahmen­gesetz im Rahmen grundsätzlich bestehender Freizügigkeit aber nur Betretungsverbote für bestimmte Orte (mögen sie abstrakt, etwa durch ihren Verwendungszweck, oder örtlich umschrieben sein, siehe IA 396/A 27. GP, 11) vorsieht, dann ermächtigt das Gesetz gerade nicht zu einem allgemeinen gesetzlichen Verbot mit Erlaubnistatbeständen. 

Was passiert nun mit den verhängten Strafen, welche zum Teil auch  bereits bezahlt worden sind?

Eine Generalamnestie ist rechtlich nicht möglich.

Denn eins ist klar, im Einzelfall kann es sehr wohl sein, dass aufgrund besonderer Umstände die Verhängung der Strafe sehr wohl gerechtfertigt war. Der Bestrafte in etwa  ein Verhalten gesetzt hat, dass geneigt war die Verbreitung von covid 19 zu fördern.

Die einzelnen Verwaltungsbehörden hätten nun die Möglichkeit jedes Strafverfahren für sich zu prüfen. Dies könnte auch im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung aufgetragen werden. Die Länder stehen bei dieser unter der Weisung des Bundes.

Weiters käme, wenn die Strafe schon bezahlt worden,   unter Umständen (wie es auch das Verwaltungsstrafgesetz vorsieht) auch ein Wiederaufnahmeverfahren in Betracht. Dies weil es nach bezahlter Strafe nun das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs gibt, welches der verhängten Strafe die gesetzliche Grundlage entzieht.

Mithilfe zur Rückerlangung von bereits bezahlten Strafen hat auch die Volksanwaltschaft angeboten.

https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Entscheidung_G_202_2020_ua_Zlen_vom_14._Juli_2020.pdf