Kindesunterhalt: eine sehr komplexe Angelegenheit
Immer wieder höre ich von Mandanten bei Fragen Kindesunterhalt betreffend:“ So kompliziert habe ich mir das nicht vorgestellt. Das erinnert ja schon an höhere Mathematik.“Richtig ist: beim Kindesunterhalt ist viel zu besprechen, so schon beim regulären Kindesunterhalt. Verdient der unterhaltspflichtige Elternteil besonders viel, kann dieser für sich zu seinen Gunsten den „Luxusstopp“ ( dieser auch bekannt als sogenannte „Playboygrenze“) in Anspruch nehmen. Der Elternteil, bei welchem sich das Kind hauptsächlich aufhält, erhält grundsätzlich die Familienbeihilfe; für den anderen Elternteil ( daher jenen Elternteil bei dem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält) reduziert sich aufgrund des Familienbeihilfebezugs durch den anderen Elternteil die Kindesunterhaltsverpflichtung jedoch „ anteilig.“ Hierzu wird die Familienbeihilfe daher nicht einfach von der Kindesunterhaltsverpflichtung ( zur Hälfte) in Abzug gebracht, sondern erfolgt die Anrechnung unter Zugrundelegung einer recht komplexen von der Rechtsprechung hierfür eigens entwickelten Formel. Es kommt aber auch darauf an ob der Unterhaltspflichtige in Österreich überhaupt versteuert wird.
Gewisse Kosten wie Kosten für den Wohnraum, welcher vom Unterhaltspflichtigen dem Kind zur Verfügung gestellt wird, reduziert ebenfalls anteilig die Kindesunterhaltsverpflichtung.
Besonders trickreich wird die Bemessung des Kindesunterhalts wenn sich das Kind gleichteilig bei seinen Eltern aufhält, sich daher in etwa abwechselnd eine Woche bei der Mutter und eine Woche bei dem Vater aufhält. Verdienen Eltern annähernd gleich viel, errechnet sich wechselseitig kein Kindesunterhalt. Bei eklatanten Einkommensunterschieden errechnet sich zwar eine Restunterhaltsverpflichtung des besser verdienenden Elternteils, jedoch ist diese meist eher gering bemessen. Dieser Umstand wird in der Praxis von vielen schlechter verdienenden Elternteilen als ungerecht empfunden. Unterschiedliches Einkommen der Eltern kann jedoch zu einer Mehrbeteiligung beim "Sonderbedarf" oder auch Kosten für zB Gewand, Schulmaterialien des Kindes führen, wobei das Thema Sonderbedarf auch für jeden Fall einzeln geklärt werden muss.
Befindet sich das Kind zwar nicht gleichteilig bei den Eltern, aber doch mehr als 80 Tage im Jahr bei jenem Elternteil, bei dem es sich nicht hauptsächlich aufhält, so kann dies ebenfalls Berücksichtigung bei der Kindesunterhaltsbemessung finden.
Kindesunterhalt wird nicht berechnet, sondern bemessen. Es kommt also auf den Einzelfall an. Beim Kindesunterhalt handelt es sich um Geld des Kindes. Es kann auf diesen Unterhalt grundsätzlich für das minderjährige Kind nicht „einfach“ verzichtet werden. Oft sagen die Mandanten Sätze wie: „ Mein Mann und ich sind uns einig: der Sohn bei ihm, die Tochter bei mir. Die Wochenenden sind die Kinder abwechselnd bei uns. Wechselseitig kein Kindesunterhalt.“ Zur rechtswirksamen Vereinbarung gibt es hier aber eben viel zu besprechen und zu klären.
Wirklich viel und lange gerechnet werden muss, bei Fragen Kindesunterhaltsrückstand betreffend. Kindesunterhalt kann bei gemeinsamer Obsorge länger als für drei Jahre rückaufgerollt werden!! Dann muss man sich genau anschauen, bei wem sich das Kind wann/wo/wie oft genau aufgehalten hat. Für unterschiedliche Zeiträume muss das durchschnittliche Nettoeinkommen ( welches ja oft variiert) ermittelt werden.
Bei selbständig Erwerbstätigen ist im Streitfall ( Achtung: es heißt zwar „Außerstreitverfahren“ ist aber eben ein Gerichtsverfahren!) für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage meist die Einholung eines Sachverständigengutachtens unvermeidbar. Steuerbemessungsgrundlage ist nicht gleichzusetzen mit Unterhaltsbemessungsgrundlage.
Gerade rund um den Kindesunterhalt braucht es in der Praxis meist viel Beratung.
Es bleibt abzuwarten ob seitens der Politik die Bestimmungen den kindesunterhalt betreffend vereinfacht werden, sodass Klient nicht mehr das Gefühl hat dass sein Bestreben nach Lösung von Juristen verkompliziert wird bzw. er sich im hoch komplexen Mathematikunterricht befindet.
Ich kann nur immer wieder empfehlen sich VOR einer Scheidung rechtliche Beratung einzuholen. Geschieden ist man mitunter schnell, jedoch soll das Wie nicht noch Monate, wenn nicht Jahre später bereut werden.
Bei Fragen rund um den Kindesunterhalt vereinbaren Sie bitte einen kostenpflichtigen Erstberatungstermin.
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