Liebe am Ende, Frau "durfte" betrügen
Liebe am Ende: Frau durfte Ehemann "betrügen"
Der Oberste Gerichtshof kam in dem Scheidungsfall zu Gz 2 Ob 31/11i zu dem Ergebnis, dass die außereheliche Beziehung keine Rolle mehr spielte. Das Eheglück sei schon zuvor völlig zerstört gewesen.
Das Gesetz verpflichtet „Die Ehegatten […] einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum gemeinsamen Wohnen, sowie zur Treue, zur anständigen Begegnung und zum Beistand […].“
Bis zum EheRÄG 1999 war der Ehebruch – unabhängig ob davon, ob die Ehe zerrüttet war oder nicht – gesetzlich als absoluter Scheidungsgrund determiniert.
Heute gilt das sogenannte „Zerrüttungsprinzip“, wonach ein Ehegatte die Scheidung einreichen kann, wenn die Ehe (z.B durch eine schwere Eheverfehlung des anderen) so tief zerrüttet ist, dass eine Wiederherstellung nicht erwartet werden kann.
Somit ist der Ehebruch dann ein Scheidungsgrund, wenn er die Ehe so tief zerrüttet hat, dass ein Zusammenleben unzumutbar wird.
Dass die Zerrüttung im Vordergrund steht, zeigt auch die gegenständliche Entscheidung des OGH. Er korrigierte in seiner Entscheidung die Vorinstanzen, die der Frau wegen Ehebruchs die Schuld am Scheitern der Ehe geben wollten.
Zum Sachverhalt:
Im Jahr 1990 hatte das Paar geheiratet. Vor allem über alltägliche Probleme wie die Kindererziehung – das Paar hatte 2 Kinder – gab es Dispute. Der letzte gemeinsame Urlaub fand im Sommer 2003 statt. Seit damals verweigerte die Frau, die sich in diesem Jahr auch einer Unterleibsoperation unterziehen musste, sexuelle Kontakte. Bereits 2004 äußerte die Frau den Wunsch, die Ehe zu beenden. Der Mann war dazu grundsätzlich bereit. Spätestens ab diesem Zeitpunkt konnte man nicht mehr von einer Lebensgemeinschaft sprechen.
In weiterer Folge wurde 2005 neben bestehenden gesundheitlichen Problemen bei der Frau Brustkrebs diagnostiziert und eine Amputation durchgeführt. Der Mann besuchte die Frau nur einmal im Spital und kümmerte sich kaum um sie. Auch zeigte er kein Interesse an der Erziehung der Kinder.
Ab dem Sommer 2006 konnte der Ehefrau eine außereheliche Beziehung nachgewiesen werden.
Ein Jahr später brachte die Frau die Scheidungsklage ein und verlangte, dass das Alleinverschulden des Mannes festgestellt werde. Der Mann sei jahrelang aggressiv und desinteressiert gewesen und habe während der Krebserkrankung keinerlei Rücksicht auf sie genommen. Im Jahr 2007 sei er berufsbedingt nur noch 8 Mal für je ein Wochenende nachhause gekommen.
Der Mann wiederum verwies auf einen Ehebruch der Gattin im Sommer 2006. Das Bezirksgericht Mödling gab der Frau die Schuld am Scheitern der Beziehung. Auch wenn ihr Ehebruch später geschah, als es der Ehemann vermutete, so habe dieser doch noch zu einer „Vertiefung der Zerrüttung“ geführt. Das Landesgericht Wiener Neustadt bestätigte die Entscheidung.
Laut OGH: Beide Partner gleich schuldig
Der OGH betonte, dass in diesem Fall nicht bloß eine gewisse, sondern bereits eine unheilbare Zerrüttung im Jahr 2004 eingetreten war. Daher spiele der spätere Ehebruch der Frau eben so wenig eine Rolle wie das sorglose Verhalten des Mannes während der Krebserkrankung seiner Gattin. An den Eheproblemen im Jahr 2004 und zuvor seien aber beide Partner gleichermaßen verantwortlich. Daher, so das Urteil der Höchstrichter, seien auch beide zu gleichen Teilen an der Scheidung schuld.
Doch Vorsicht: Diese Entscheidung dient nicht als „Freibrief“ für außereheliche Affären, bei der Beurteilung der Verschuldensfrage handelt es sich um Einzelfallentscheidungen.
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