Korruption in Österreich
Klassisches „Heimlichkeitsdelikt“ : Korruption. Der Schaden ist enorm, die Bekämpfung schwierig, weil die Beteiligten kaum Interesse an Aufdeckung haben. Eine neue Behörde soll Abhilfe schaffen.
Ab Herbst soll es in Wien eine zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption geben. Zuständig sein wird sie für Delikte mit Schadensbeträgen über fünf Millionen Euro. Sind derzeit sieben Staatsanwälte mit der Verfolgung von Korruption befasst, soll der Bereich auf 40 Mitarbeiter aufgestockt werden.
Das sei auch dringend nötig, meinen Experten. Dass noch vor Einführung der neuen Wirtschaftsstaatsanwaltschaft Großverfahren in Angriff genommen werden, sei nicht zu erwarten, so Mathias Preuschl, Wirtschaftsstrafrechtsexperte bei PPH Rechtsanwälte. Denn: „Die bis dahin anhängigen Verfahren können dann von dieser Behörde an sich gezogen werden.“
Die praktische Bedeutung der Verfolgung von Wirtschaftsdelikten ist groß. Allein der Anschein der Einflussnahme der Politik auf Strafverfolgungsbehörden könne, wenn es um mächtige Personen geht, das Vertrauen der Bürger nachhaltig zerstören. Dasselbe gelte etwa für – tatsächliche oder scheinbare – Einflussnahmen auf die Verwaltung, um Auftragsvergaben an bestimmte Unternehmen zu erreichen.
In der Praxis gestaltet sich die Verfolgung von Korruption schon deshalb sehr schwierig, weil sie ein „Heimlichkeitsdelikt“ ist: Keiner der Beteiligten hat ein Interesse an Aufdeckung. „Die überwiegende Zahl der Hinweise zu Korruptionsfällen kommt von Mitarbeitern des betroffenen Unternehmens“, so Preuschl. Betriebe seien gut beraten, sogenannte „Whistelblower – Hotlines“ für anonyme Informationen einzurichten.
Entschließt sich ein Beteiligter zur Anzeige, kann er darauf hoffen, als Kronzeuge mit einer Geldbuße oder einer „Probezeit“ davon zu kommen. Voraussetzung: „ Er muss entscheidend zur Aufklärung der Tat beitragen. „Für den Anzeiger ist aber nicht fix, dass er in den Genuss dieser Maßnahmen kommt“, so Preuschl. Der Wert seiner Informationen werde retrospektiv betrachtet, und darüber, ob sie die Tataufklärung entscheidend gefördert habe, lasse sich trefflich diskutieren. Dazu kommt, dass der Informant der Erste sein muss, der dem Staatsanwalt einen „Tipp“ gibt – was schon den einen oder anderen Wettlauf von Informanten zur Behörde ausgelöst haben soll. Der Kronzeuge muss außerdem sein Wissen freiwillig mit dem Staatsanwalt teilen, bevor ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet wurde.
Noch keine aufsehenerregenden Urteile
Die Kronzeugenregelung ist nicht unumstritten. Kritiker meinen, dass Strafrecht nicht verhandelbar sein sollte. Zudem sei die Glaubwürdigkeit eines Zeugen, der „seine eigene Haut retten will“, zu hinterfragen.
Das Korruptionsstrafrecht selbst wurde wiederholt geändert. Erst 2008 waren die Straftatbestände neu gestaltet worden, bereits mit 1. September 2009 traten deutlich entschärfte Korruptionstatbestände in Kraft. So wurde der Amtsträgerbegriff eingeengt, und bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Geschenken wird nun auf das Dienstrecht der jeweiligen Berufsgruppe Bezug genommen. Auch dem Tatbestand des „Anfütterns“ – also der Gewährung von Vorteilen unabhängig von einem konkreten Amtsgeschäft – wurde die Spitze genommen: Jetzt muss nachgewiesen werden, dass der Vorteil mit dem Vorsatz auf Anbahnung eines künftigen Amtsgeschäftes gewährt worden ist. Begründet wurde das damit, dass die alten Bestimmungen Sponsoren verschreckt hätten, was für eine positive Wirtschaftsentwicklung kontraproduktiv sei.
Aufsehenerregende Verurteilungen wegen Korruption gab es bis jetzt noch nicht. Das wäre jedoch wünschenswert, meint Preuschl: „Denn wenn ein Unternehmen viel Geld in Compliance – Maßnahmen steckt, ein Mitbewerber dagegen für rechtswidriges Verhalten nie abgestraft wird, wird auf Dauer die Motivation für die Compliance sinken und dieser Bereich immer mehr vernachlässigt werden.“
Autor : Mag. Katharina Braun, "Die Presse"
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